«When did normal become normal?»
Mirjam Steffen schlägt in eine Recherche zu Strukturen des Zusammenlebens vor. Als Ausgangslage dient ihr hierfür die eigene Lebensgemeinschaft, die aus mehreren Personen besteht und seit einiger Zeit zusammen alternative Lebensformen erprobt. Steffens Ziel ist es aktuellen Fragestellungen zu Utopien des Zusammenlebens hinsichtlich einer bereits beschädigten Welt aufzugreifen und die Herausforderungen, die an unsere kollektive Vorstellungskraft gestellt werden, mit einem künstlerischen Projekt zu erkunden.
Das Projekt mit dem Arbeitstitel «When did normal become normal?» sieht eine Übertragung dieser Fragestellungen in eine filmische und szenische Untersuchung vor, in der die Protagonistinnen und Protagonisten der Lebensgemeinschaft mitarbeiten und -diskutieren. Während der gemeinsamen Formfindung soll sich herauskristallisieren, welche Fähigkeiten der Mitarbeitenden das Projekt formen und transformieren. Es wird darum gehen, das Konzept von hergebrachten Familienstrukturen versus eine Struktur aus Freundschaften zu überdenken. Wie kann die Zukunft mit anderen Menschen geplant werden in einer Gesellschaft, in der Individualismus und Narzissmus einen höheren Stellenwert geniessen als ein Verantwortungsbewusstsein der Gruppe?
Neben der Bearbeitung von relevanten Fragestellungen zur politischen Kraft von alternativen Gemeinschaftsformen, hat das Vorhaben die Jury insofern überzeugt und vor allem neugierig gemacht, dass Steffen eine gemeinschaftliche Herangehensweise an das Projekt plant. Es ist der Künstlerin wichtig, dass das Werk weder eine herkömmliche Dokumentation der Gemeinschaft, noch eine ausschliesslich persönlich motivierte essayistische Form erhält. So fragt Steffen: «Wie können wir sowohl unser Zusammenleben als auch die kollektive Arbeitsweise dokumentieren und reflektieren?». Die Jury freut sich auf eine Übertragung in ein vielschichtig angelegtes Skript, das die künstlerischen Formate der filmischen Erzählweisen dazu nutzt, die komplexen Verbindungen von Gemeinschaft und politisch agierender Gesellschaft in eine interessante Erzählstruktur zu bringen. In dem Vorschlag, mit einer kollektiven Autorinnenschaft eine Form für einen Film zu finden, liegen gewisse Möglichkeiten, die es auszuformulieren gilt.