«Trix Brechbühl – Vermutungen über meine Grossmutter»
Das Buchprojekt «Vermutungen über meine Grossmutter» überzeugt die Jury auf verschiedenen Ebenen. Es setzt sich mit der alltäglichen Arbeit der Schweizer Bäuerinnen der 50er und 60er Jahre auseinander. Dabei wird der Fokus auf das Unerzählte gesetzt. Weit weg von idealisierten Bildern der ländlichen Idylle möchte die Autorin und Illustratorin nach eigenen Worten etwas zeigen, das unsere Kultur geprägt hat: Dreckige Hände und Sehnsüchte. Es ist eine intensive und aufmerksame Auseinandersetzung mit der Systematik der unbezahlten Arbeit, welches die Lücken der Geschichtsschreibung beleuchtet und nach der Wertung fragt, welche die historische Dokumentation durch den Zeitgeist erfährt.
Das Vorgehen von Trix Brechbühl zeichnet sich durch ausführliche Recherche und Dokumentation aus und setzt sich auf einer visuellen Ebene mit verschiedenen Zeichen- und Drucktechniken auseinander, um sich so an eine eigene Ästhetik des Inhalts heranzutasten. Die experimentelle Bildfindung bekommt auf diese Weise etwas Haptisches, welche die gezeigte Welt unmittelbar erfahrbar macht. Die verschiedenen Techniken werden nicht nur von der Jury begrüsst, sondern stimmen auch mit dem Inhalt überein. Mit dieser Vorgehensweise bewegt sich das Projekt zwischen der Freien und Angewandten Kunst und lotet die Zwischenräume zwischen Narration und Zeitfragment aus, um ein Gefühl einer Zeit zu vermitteln und der nach wie vor von vielen geleisteten Care-Arbeit Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen.
Begleitet ist die Arbeit am Werk durch verschiedene Atelieraufenthalte, die zielführend gewählt sind und die Weiterentwicklung des Projekts vorantreiben können. Die Jury sieht im geplanten Projekt grosses Entwicklungspotential und möchte mit dem Werkbeitrag einem Vorhaben einen Anschub geben, das sich noch in der Anfangsphase befindet.